Reise durch Raum und Zeit

Über Mia Kankmäkis „Dinge, die das Herz höher schlagen lassen“

Mia erträgt ihren vom Kapitalismus geprägten banalen Werbetexterjob nicht mehr. Während des Studiums hatte sie in einem Seminar über japanische Literatur Sei Shōnagon kennengelernt, die mit ihrem „Kopfkissenbuch“ Literaturgeschichte geschrieben hat, und fortan nicht mehr aus den Gedanken verloren. Sie findet eine Möglichkeit und den Mut, aus ihrem verhassten Alltag in Helsinki auszubrechen. Diese gewonnene Freiheit nutzt sie, um sich auf die Suche nach Sei zu machen. Sie reist auf deren Spuren nach Kyoto und nach London, um ihr näher zu kommen, versucht ihr Geheimnis zu ergründen.

Aus ihren Notizen, festgehalten während dieser Auslandsaufenthalte, sich an den Stil des Kopfkissenbuches anlehnend, erstellt Mia Kankimäki nicht nur eine wissenschaftliche Abhandlung über die Hofdame Sei und ihre Zeit am japanischen Hof des 10./11. Jahrhunderts, sondern auch einen veritablen Reiseführer für Kyoto und für Teile Londons, eine umfangreiche Einführung in die japanische Kultur einst und jetzt, und, nicht zu vergessen, sehr offene Einblicke in ihre eigene Gedanken- und Gefühlswelt. Es ist das erste Buch in westlicher Sprache über Sei Shōnagon.

Diese Hommage an Sei Shōnagon ist wunderbar gelungen, sie ist wahrlich okashi.

Mit Sei führt sie wie mit einer Freundin einen beständigen Dialog über diese 1000 Jahre hinweg, versucht sich in ihre Welt hineinzuversetzen. Sie gibt uns in diesen Dialogen auch ungewohnte Einblicke in die japanische Geschichte. Ein zentraler Punkt ist dabei die Situation der Schriftstellerinnen damals im Fernen Osten und in der jüngeren westlichen Geschichte, sie zitiert immer wieder Virginia Woolf.

Durch ihre Präsenz an den Orten, an denen Sei gelebt hat, erfährt man auf sehr unterhaltsame Weise vieles über das Leben in Japan heute, die Dos and Don’ts, selbst bei Naturkatastrophen. Ihre Begeisterung für Kyoto und die japanische Kultur ist dabei sehr ansteckend, sei es die Stadt selbst und die sie umgebende Landschaft, sei es Pflaumenblüte, Kalligraphie, das Festival der Zeiten (Jidai Matsuri), um nur einige wenige Beispiele zu nennen. Diese Beschreibungen sind so lebendig, man möchte sofort los und all das selbst erleben.

Mia Kankimäki schreibt von Beginn ihres Projektes Tagebuch. Der Leser erfährt dadurch hautnah, wie es ihr während der Arbeit geht, wie sie sich fühlt, wie sie neue Freunde findet und sich wieder von ihnen verabschieden muss, wie sie sich in diese östliche Kultur einlebt, nicht zuletzt, was ihr Projekt mit ihr macht. Immer wieder verweist sie dabei auf Philosophen, Autoren, Filme, Musiker, und verleiht ihren Wahrnehmungen und Gefühlen einen anderen Kontext, eine andere Perspektive. Sie steigt hinab in philosophische Tiefen und stellt Fragen, die die Philosophie seit Jahrtausenden beschäftigen. Durch diese Einblicke in ihr Seelenleben nimmt sie den Leser ganz unmittelbar mit auf ihrer Reise durch Raum und Zeit.

Wunderschön zu lesen, wie sie mit den neuen Freunden durch die Stadt streift, von Butoh-Aufführungen durch die Parks und Gärten in die Teehäuser und -stuben und auch mal nächtelang durch die Bars, die man nicht findet, auch wenn man weiß, wo sie sind. Mia Kankimäki zeigt hier herrlich gemischt  einerseits die Charaktere ihrer Freunde aus aller Welt, wie sie sie wertschätzt, anderseits die kulturelle Vielfalt der japanischen Freizeitgestaltung.

Man könnte, ja müsste, noch eine Fülle von anderen Themen ansprechen, um diesem Buch gerecht zu werden.

Dieses ineinander Verflechten der Zitate Seis, der japanischen Geschichte, der Reisebeschreibungen, der Kulturvergleiche und ihrer persönlichen Erlebnisse und Erkenntnisse, machen das Buch trotz gelegentlicher Längen zu einem abwechslungsreichen Werk, das man nicht nicht nur einmal durchliest und dann weglegt, man wird sich immer wieder abschnittsweise darin vertiefen.

Will man nach der Lektüre von „Dinge, die das Herz höher schlagen lassen“ auch das Kopfkissenbuch lesen? Keine Frage! In kleinen Dosen genossen wird es für lange Zeit Freude bereiten!

Ein anderes Phänomen des Kopfkissenbuches darf in Mias Buch nicht fehlen: die Listen, die Sei sehr feinfühlig und elegant führt, die sich andererseits heutezutage wachsender Beliebtheit erfreuen; das Thema einer dieser Listen ist zum Titel des Buches geworden. Kein Zweifel, es ist eine wunderschöne Rekursion: das Buch, das diesen Titel einer Liste trägt, muss auch in dieser Liste aufgeführt sein!

Unterhaltsam, spannend, ernsthaft – Von Städtern auf dem Land im Jahr 2020

Über Juli Zeh’s Roman „Über Menschen“

Dora muss raus! Nichts ist mehr stimmig. Zu viele Informationen, zu viel Widersprüchliches, die Mitmenschen werden immer befremdlicher in der ansonsten „splendid isolation“ der Stadt, selbst der Mann an ihrer Seite entfernt sich gefühlt immer mehr. Dann bricht auch noch die Corona-Pandemie aus, die daraus resultierende Arbeit im home office erzeugt immer unrträglichere Enge, die zu weiterer Distanzierung führt. Hals über Kopf kauft sie ein altes Haus auf dem Land in Brandenburg um dem allen zu entfliehen und um zu versuchen, wieder zu sich selbst und zu innerer Ruhe und Stabilität zu finden. Zunächst muss sie sich an die neue Umgebung gewöhnen, kämpft mit dem verwilderten Garten; ohne eigenes Verkehrsmittel findet sie sich auf den öffentlichen Nahverkehr angewiesen, erleidet seine Unzulänglichkeiten und Unbequemlichkeiten. Erfreulicherlicherweise findet sie in der ihr neuen Situation Hilfe von den anderen Dorfbewohnern: auf dem Dorf ist man aufeinander angewiesen und jeder hilft jedem, und so findet sie die Wärme, Menschlichkeit, Empathie, die Städter immer mehr vermissen, ausgerechnet im Nazi-verseuchten Dorf. Zu ihrer großen Überraschung aber auch Verwirrung findet sie in ihrem Nachbarn, dem Dorfnazi, wie er sich vorstellt, trotz seiner im Grunde gewaltbereiten Einstellung einen der nettesten und hilfsbereitesten Menschen dem sie je begegnet ist….

Über Menschen – Übermenschen
Juli Zeh lässt Dora über Menschen berichten, die sich gerne als Übermenschen gerieren. Es friert einen, wenn einer dieser „Übermenschen“ erzählt, mit welcher Normalität man nach Lichtenhagen gefahren sei, sich am Feuer erfreut habe und den Beifall der Umstehenden genossen habe. Leider gibt sie diesen gewaltbereiten rassistischen engstirnigen Nazis auch freundliche und hilfsbereite Seiten, was zu einer gewissen Verharmlosung dieser Gruppe führt, die in der realen Welt ja auch vor Mord nicht zurückschreckt. Dora stellt aber auch klar, dass sie selbst, weil Nicht-Nazi, etwas besseres ist.

Zunächst sieht es so aus, als würde Juli Zeh lauter Kurzgeschichten über Dora, eine junge Werbedesignerin, die mit sich und der Welt, die für sie voller beängstigende Widersprüche ist, nicht klar kommt, aneinanderreihen. Entsprechend kurz sind die meisten Kapitel dieses Romans und sie folgen einem Muster: Die Kapitel beginnen meist mit einfachen Sätzen über Alltägliches, steigen dann aber hinab in die Tiefen von Doras Wahrnehmung und Gefühlsleben und Doras Versuche, das Erlebte zu verarbeiten.

Wenn man Informationen auf Schubladen verteilt, Wahrnehmungen in Kategorien sortiert, scheint die Welt überschaubar. Werden die Informationen zu viele, die Wahrnehmungen zu unterschiedlich, kommt man mit dem Verteilen und mit dem Sortieren nicht mehr nach, die Verwirrung wächst, die Orientierung schwindet. So in etwa fühlt sich Deutschland derzeit, Juli Zeh versucht, diesen Zustand an Hand ihrer Protagonistin Dora zu vermitteln. Recht schnell erkennt man, dass eine Schublade, eine Kategorie nicht ausreicht. Was nun?

Der in „Unterleuten“ bereits gesichtete Kampfläufer rennt auch in „Über Menschen“ wieder durch die Natur, vermittelt somit eine gewisse Nähe zu derselben und macht auf den zerstörerischen EInfluß des Menschen aufmerksam, Stichwort „Klimawandel“. Warum allerdings der weniger gefährdete und alltäglichere Star ein „proletarisches“ Federkleid tragen muss, bleibt unklar.

Ein weiteres Tier wird als Metapher eingesetzt: der Wolf symbolisiert meist alle Ängste der Menschen vor dem Unbekannten, Wilden, Starken, Gefährlichen, darf also auch in einem Buch, das sich mit dem Umgang mit Nazis in der Dorfgemeinschaft beschäftigt, nicht fehlen. Es gibt immer einen, der immer dabei ist, aber eigentlich nicht dazugehört und auch nicht dazugehören will. Leider bricht dann der Charakter des Protagonisten und sein Schicksal mit diesem Bild.

Manches vom Film entlehnte Atmosphäre-Stilmittel wird eingesetzt, wenn z.B. der Regen die traurigsten Momente durchnässt, und wirkt dann klischeehaft und unpassend.

In dieser 2. Fassung des Romans spielt der Beginn der Corona-Pandemie eine entscheidende Rolle, unterstreicht dadurch die Aktualität der Botschaft des Romans, auch wenn der Zusammenhang zum eigentlichen Thema fehlt. Für eine Auseinandersetzung mit den Folgen der Pandemie auf die Gesellschaft und die Menschen ist es zu früh und so bleibt dieser Aspekt im Gegensatz zu den anderen Themen inkohärent oberflächlich.

So kommen letztendlich zwei Themenkreise zustande. Die Schwierigkeiten beim Leben im ländlichen Raum, hervorgerufen durch die an Ballungszentren orientierte Wirtschaft (Infrastruktur Versorgung Lebensmittel Waren Medizin), wie sie überall in Deutschland zu beobachten sind, ergänzt durch den Raubbau an der ehemaligen DDR nach der „Vereinigung“. Der Schwerpunkt schlechthin ist die Auseinandersetzung mit dem Dilemma, in der Dorfgemeinschaft auf Menschen angewiesen zu sein, mit denen man nichts zu tun haben möchte, weil sie völlig ohne Unrechtsbewusstsein ihr gewaltbereites rassistisches Nationalistenleben leben.

Es könnten durchaus autobiographische Züge sein, wenn Dora von ihren Werten und ihrer Einstellung zur Religion erzählt, oder Antworten auf ihre Ängste auf Ausflügen in die Heidegger’sche Philosophie sucht. Sehr schön, wie sie von dort auch den Bogen zur heute allgegenwärtigen „Achtsamkeit“ schlägt.

Juli Zeh zeigt in ihrem neuen Roman auf unterhaltsame, bisweilen auch witzige Art und Weise die derzeitige Befindlichkeit der deutschen Gesellschaft. Dabei wertet sie nicht und unternimmt weder Erklärungsversuche noch Ursachenforschung, er wird weder Lehrstück noch philosophischer Leitfaden für den Umgang mit den Problemen unserer Zeit. Sie erklärt nicht, was richtig ist, stellt aber immer wieder dir richtigen Fragen.

Sie malt ein umfassendes Bild der heutigen Gesellschaft, der Rezeption und der Reaktion der Menschen auf eine immer schneller immer komplexer werdende Welt, in der der Einzelne machtlos Probleme aushalten muss, die nur gesellschaftlich zu lösen sind.

Der Roman ist sehr schön geschrieben und liest sich leicht und flott. Schnell will man das Buch nicht mehr aus der Hand legen, genießt den Humor und Wortwitz, will wissen, wie es weitergeht, wie sich Dora weiter entwickelt und wie Juli Zeh die Geschichte schließlich auflöst, und bleibt am Ende angekommen durchaus nachdenklich zurück.

Obdachlos

Deutschland ist eines der reichsten Länder der Welt. Und das nicht erst seit gestern. Man beobachtet seit deraumer Zeit, dass die reichen Bewohner dieses Landes immer reicher werden, die armen immer ärmer. Ganz am unteren Ende findet man die Bürger, die ihre Wohnung verloren haben und auf der Strasse leben, und damit von einem menschenwürdigen Dasein nur noch träumen können.
Wie kommt es, dass die Reichsten ungestört vielen Mitbürgern ein Leben in Menschenwürde verweigern? Wieso ertragen Staat und Gesellschaft ein solches Armutszeugnis, eine solche Schande?
Sicher gibt es viele Hilfsangebote. Aber ist eine Übernachtung in einer Sammelunterkunft, in der man befürchten muss, am nächsten Morgen keine Schuhe mehr zu haben, menschenwürdig? All diese samaritären Hilfen lindern die akute Not der Betroffenen, aber sie verhelfen ihnen nicht zu einem menschenwürdigen Dasein.
Auch Hilfs- und Präventionsprogamme von Politik und Verbänden sind vorhanden und sie sind wichtig. Aber offenbar reichen sie nicht aus, um den Armen und Ärmsten nachhaltig zu helfen.
Nur die Gesellschaft kann dafür sorgen, dass keines ihrer Mitglieder ausgegrenzt wird. Zur Gesellschaft gehören nicht nur helfende Menschen, tatkräftige Vereine und Verbände, sondern auch die gewählten Vertreter, die mit ihrer Macht auch eine Fürsorgepflicht erworben haben. Sie sind aufgerufen die Rahmenbedingungen zu schaffen und die Mittel bereitzustellen, um den Ärmsten der Gesellschaft zu ermöglichen, vom Almosenempfänger zum eigenverantwortlichen, menschenwürdigen Leben zurückzufinden.
Solange nicht erkennbar wird, dass durch die Arbeit der Volksvertreter in Bund, Ländern und Kommunen, dass trotz aller Bemühungen die Zahl der Obdachlosen rückläufig ist und in absehbarer Zeit verschwindet, müssen diese Volksvertreter sich den Vorwurf gefallen lassen, den Artikel 1 des Grundgesetzes zu missachten.

Wahlwerbung

Ein Kandidat, der die Interressen der Bürger ignoriert, indem er zum Beispiel in Briefkästen, die eindeutig den Willen des Bürgers ausdrücken, keine Werbung gleich welcher Art in seinem Briefkasten vorfinden zu wollen, seine Wahlwerbung einwirft, kommt als Oberbürgermeister nicht in Frage.

In 2. Wahlgang der Wahlen zum Oberbürgermeister der Stadt Stuttgart 2020 trifft dies auf den Kandidaten der CDU, Dr. Frank Nopper, zu.

Beitragsbemessungsgrenze

Warum gibt es die Beitragsbemessungsgrenzen überhaupt?
Denn eigentlich sind die Renten-, Sozial- und Krankenversicherungen ja Systeme zur gesellschaftlichen Solidarität. Wer aus welchen Gründen auch immer die Existenz bedrohende Einkommensverluste erleidet, soll Unterstützung von der Gesellschaft erhalten.

Je besser ein Mitglied der Gesellschaft wirtschaftlich gestellt ist, dest leichter wird es ihm auch fallen, sein Scherflein zur Solidarität mit den Armen und Schwachen beizutragen.

Ich finde die Beitragsbemessungsgrenze ungerecht und unsozial, denn warum sollen die Menschen, deren Gehalt über dieser Grenze liegt (so wie ich z.B.) nicht denselben Prozentsatz in die Solidarkassen bezahlen wie die Mitmenschen mit einem Gehalt darunter?

Durch Anpassung der Prozentsätze könnte man die gleiche Gesamtsumme erreichen. Es ist zu erwarten, dass die Prozentsätze durch die Anpassung sogar sinken werden.
Dies würde zu einer Entlastung der sozial Schwächeren führen ohne damit die Stärkeren unverhältnismäßig zu belasten, ein kleiner Beitrag die sog. „Schere zwischen Arm und Reich“ etwas zu schließen.

Grundeinkommen und Bürgergeld

Zwei Begriffe, die das gleiche meinen: Der Mensch wird vom Zwang befreit, für seine Existenzsicherung zu arbeiten. Stattdessen kann er ohne Existenzängste seinen Neigungen und Fähigkeiten folgen und damit der Gesellschaft ein vielfaches zurückgeben.
Eine Einführung dieses Grundeinkommens würde auch die Artikel 1, 2 und 13 in ihrer Umsetzung im Alltag bestärken.

Die Vorteile sind offensichtlich. Der Mensch kann sich mit seiner Arbeit auf seine Neigungen und Fähigkeiten konzentrieren. Dadurch steigt durch die Freude und Erfüllung bei der Arbeit, nicht nur die Lebensqualität steigt, sondern auch die Produktiviät; ein immenser Vorteil für den Arbeitgeber. Mitarbeiter, die für ihre Arbeit „brennen“ sind produktiver, haben weniger Ausfälle und sind ganz allgemein sozial verträglicher. Kein Mensch muss mehr Arbeit verrichten, die ihm nicht liegt, die ihm keine Freude und keine Erfüllung bringt, die ihn im schlimmsten Fall krank macht. Die steigenden Zahlen der (erfassten) psychischen Erkrankungen zeigen die Zahl der Betroffenen des schlimmsten Falls. Der  Mensch erhält einen zusätzlichen Freiheitsgrad, kann sich damit intensiver mit sich und seinen Vorstellungen auseinandersetzen. Das Ziel jedes Menschen, die Spitze der Maslowschen Bedürfnispyramide zu erreichen, rückt damit ein Stück näher.
Ein Arbeitnehmer ist nicht mehr gezwungen unannehmbare Arbeiten mit schlechter Bezahlung zu akzeptieren um seine Existenz zu sichern. Als eine Konsequenz folgen dann Löhne und Gehälter dem Prinzip von Angebot und Nachfrage. Das jetzige Wertesystem unserer Gesellschaft, nachdem z.B. verantwortungsvolle Sozialaufgaben weniger „wert“ sind als volkswirtschaftlich sich verheerend auswirkende (Fehl-) Entscheidungen von Topmanangern basiert auf einem Leistungsgedanken, der sich am Kapital orientiert, aber nicht am Leben und am Wohlergehen der Menschen. Mit der Umstellung auf das Grundeinkommen und damit auf das Prinzip Angebot und Nachfrage würde sich dieses Wertesystem zum Wohle der Menschen verändern. Selbst für Aufgaben, die nicht sehr beliebt sind oder die eigentlich keiner machen will, werden sich in diesem System, in dem jeder hinter seiner Arbeit steht und einen Sinn oder Notwendigkeit darin sieht, Menschen finden, die sie erledigen, schlicht weil sie gemacht werden müssen.
Das Beziehen eines Grundeinkommens ist mit der Würde des einzelnen verträglicher als die jetzige Praxis der Antragstellung, Prüfung und Bewilligung resp Ablehnung von sozialer Unterstützung. Die jetzigen Hartz-IV-Gesetze stehen in krassem Widerspruch zum Grundgesetz, viele Arbeitnehmer der Mittelschicht spüren das Damokles Schwert des Verlusts der Würde durch diese Gesetze.
Das Grundeinkommen könnte sogar vermeiden, dass Menschen obdachlos werden oder betteln.

Ein immenser Bürokratieabbau ist der Einführung des Grundeinkommens verbunden. Keine Sozialversicherungen mehr, keine gesetzliche Rentenversicherung, kein Kindergeld. Alle Verwaltungsaufgaben einschließlich Antrags-, Prüfungs- und Bewilligungsverfahren sowie operative Prozesse werden überflüssig. Die damit verbundenen Kosten entfallen ebenfalls, was einen teil der Kosten für das Grundeinkommen decken würde.

Die Frage nach der inneren Einstellung des Menschen stellt sich kaum, in den USA beispielsweise überhaupt nicht. Dort sieht man das Grundeinkommen als Chance den American Dream zu leben. Zweifellos wird es einen Prozentsatz an Mitbürgern geben, die sich mit dem Grundeinkommen ihr Leben einrichten und damit zufrieden sein werden. Die Zahl der Versicherungsbetrüger und Steuerhinterzieher richtig heute schon deutlich größeren Volkswirtschaftlichen Schaden an.
Die überwältigende Mehrheit jedoch will mehr, mehr Befriedigung, mehr Anerkennung, mehr Macht, mehr Geld. Diese Gier wird die Menschen nicht verlassen nur weil sie ein Grundeinkommen beziehen.

Die heute vielfach verbreitete Vorstellung, der Mensch habe nur eine „Existenzberechtigung“, wenn er sich „durch eigener Hände Arbeit“ ernähren könne geht an der Realität vorbei. Tatsächlich sind es nur wenige Jahre, in denen dies den Menschen, und im übrigen längst nicht allen, möglich ist. Als Kind und als Greis ist er auf die Hilfe anderer angewiesen. Die Krone der Schöpfung ist also von der Natur als soziales Wesen angelegt, der Starke hilft dem Schwachen. Darin ist Erfolg der Spezies Mensch, der sich die Erde untertan gemacht hat, begründet.

Die Kosten für das Grundeinkommen müssen von der Gesellschaft aufgebracht werden. In unserer hochentwickelten globalen Zivilisation ist vieles davon heute schon verwirklicht, wenn auch in anderer, meist komplexerer Form. Letztendlich muss das Grundeinkommen von allen Bürgern finanziert werden, sei es über direkte und indirekte Steuern oder über die Preise der konsumierten Produkte und Dienstleistungen. Dies stellt aber keine grundsätzliche Neuerung im Vergleich mit den bekannten Solidargemeinschaften und Generationenverträge dar, es ändert sich letztendlich nur die Form. Dabei ergeben sich aber zusätzliche Möglichkeiten für die persönliche Lebensgestaltung eines jeden, der dieses Privileg nicht schon immer genießen konnte auf Grund seiner wirtschaftlichen Situation. Dies wird unsere Gesellschaft verändern, es wird sie auf eine neue Entwicklungsstufe stellen mit höherer Lebensqualität für alle.

Wer sich gegen das Grundeinkommen ausspricht, wird auch ernstzunehmende Gründe finden. Wer sich dafür ausspricht wird unermüdlich nach Wegen zur Realisierung suchen.
Aber erst wenn die Zeit dafür reif ist, werden die Menschen diesen Entwicklungsschritt vollziehen.

Freiheit und Disziplin

Sartre sagt: „Es gibt keine Natur des Menschen, die den Menschen festlegt, sondern der Mensch ist das, wozu er sich macht.“

Der Mensch als Individuum wird, aus menschlicher Sicht betrachtet, zu einem zufälligen Zeitpunkt an einem zufälligen Ort geboren. Sein Gehirn hat sich zu diesem Zeitpunkt neun Monate lang entwickelt. Es ist zu diesem Zeitpunkt fähig den Körper am Leben zu erhalten sofern andere Lebewesen in seiner Umgebung diesen Körper mit Energie versorgen. Es folgt eine weitere mindestens 15 Jahre dauernde Wachstums-, hauptsächlich aber auch Entwicklungsphase. Reize der Umwelt, bisher gefiltert durch den Körper der Mutter, erreichen jetzt direkt den Körper, dessen Sensoren sie aufnehmen und an das Gehirn weiterleiten. Dort führen diese nahezu unendlich vielen Reize zu einem ständigen Wachsen, Ändern und Vergehen von Strukturen. Irgendwann entwickelt sich zu einem zufälligen Zeitpunkt ein Bewusstsein, der Mensch erkennt sein Sein, sein Ich. Das Ich beginnt sein Handeln zu bestimmen, zu kontrollieren.

Freiheit (lateinisch libertas) wird in der Regel verstanden als die Möglichkeit, ohne Zwang zwischen verschiedenen Möglichkeiten auswählen und entscheiden zu können. Der Begriff benennt allgemein einen Zustand der Autonomie eines Subjekts.  (Wikipedia, 2013)

Dieser Freiheitsbegriff setzt ein bewusstes Ich voraus, ohne dieses Ich ist keine Abgrenzung zur Außenwelt möglich, ebensowenig wie das Wahrnehmen und Erkennen von Möglichkeiten und Alternativen. Dieser Freiheitsbegriff setzt auch voraus es gibt eine Kontrollmöglichkeit für das Tun und Handeln.

Zunächst, in der Prä-Ich Phase, haben die Lebewesen in der direkten Umgebung einen gewissen Einfluß auf die Reize, die das junge Gehirn strukturieren, auf die Reize selbst, deren Abfolge, Häufigkeit, Intensität, Dauer. Aber auch dieser Einfluß ist dem Zufall unterworfen, wobei Zufall hier das Eintreten eines Ereignisses meint, dessen Ursachen und Abhängigkeiten für den Menschen nicht erkennbar sind. Denn auch die Lebewesen in der direkten Umgebung des jungen Menschen wurden zu einem zufälligen Zeitpunkt an einem zufälligen Ort geboren; ihre Gehirne, denn dort vermutet man derzeit den Ort des Bewusstseins, und damit ihr Bewusstsein entwickelten sich demzufolge unter denselben Randbedingungen was die Zufälligkeit betrifft.

Dieses bewusste Ich, kurz: Bewusstsein, ist also ein zufälliges, genauso zufällig wie der Zeitpunkt und der Ort der Geburt seines Wirtskörpers, genauso zufällig wie die Abfolge und die Intensität der Reize die das Gehirn strukturierten und es bis zu seinem Tode weiter strukturieren. Dieses Bewußtsein ist ein Produkt einer zufälligen Struktur, das der Kontrolle durch den Menschen deshalb weitgehend entzogen ist.

Die Alternativen, die wahrgenommen und erkannt werden, i.a.W. die der Mensch in seinem Bewusstsein findet, und zwischen denen frei ausgewählt werden kann, werden deshalb wahrgenommen und erkannt, weil das Gehirn einen Teil der Reize anders aufgenommen und weiterverarbeitet hat als andere. Diese Verarbeitung im Gehirn beruht aber auf der – zufälligen – Entwicklungsgeschichte des Gehirns, müssen daher als ebenso zufällig betrachtet werden. Dieselben Strukturen aber entscheiden nun, oder wählen nun, was man demzufolge als zufällig betrachten muss.

Man darf durchaus so weit gehen und das Bewusstsein als Beobachter des eigenen Handelns zu erkennen.

Valter Miegas 2013-02-10